Editorial „Bundestagswahl 2025 – Wird jetzt alles besser (gut)?“
Info 02-25
Früher als ursprünglich gedacht werden wir in diesem Jahr zur Bundestagswahl an die Urnen gerufen. Leider sind auch durch das dann letztendlich überstürzte Ende der jetzigen Regierungskoalition wichtige gesundheitspolitische Projekte unerledigt geblieben. Die Folgen davon zeigen sich inzwischen immer deutlicher. Zwar wurde auf den letzten Metern das sogenannte Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) noch zum 1.1.2025 im Kraft gesetzt. Im vollen Bewusstsein, dass das Gesetz so wie es jetzt verabschiedet ist im Alltag nicht angewendet werden kann. Ob das Ausschlagen jeglicher Beratung aus dem Bereich der täglichen Anwender dem Gesetz gut getan hat - weil es dann ja verbandsunabhängig ist – darf stark bezweifelt werden. Bleibt zu hoffen, dass die Wahlkampfankündigungen seiner potentiellen Nachfolgerin oder Nachfolgers zügig umgesetzt werden und die aktuellen no-gos rasch verschwinden. Noch wesentlich wichtiger ist es aber der fortschreitenden kalten Bereinigung unserer Krankenhauslandschaft jetzt zu begegnen. Die Unterstützung vor dem Ruin stehender Kliniken ist nicht eine „Stütze alter Strukturen, die damit nicht überwunden werden können“. Sie erhält versorgungsrelevante Strukturen in der Fläche. Sind die erst einmal weg, wird es sehr schwer Infrastruktur und Personal wieder zurückzuholen.
Auch im ambulanten Bereich bedarf es zügiger Entscheidungen und Korrekturen. Soll die sektorenübergreifende Versorgung endlich gelingen - die demographische Entwicklung von Patienten und medizinischen Leistungserbringern zwingt dazu – muss der Zugang aus stationärem und ambulantem Bereich gleichberechtigt und auskömmlich sein. Hybrid-DRGs, die im kurzfristigen Verlauf zu einer pauschalierten EBM-Vergütung abgesenkt werden, sind da sicherlich für beide Sektoren nicht hilfreich. Unnötige bürokratische Hürden, ja strafrechtliche Drohkulissen werden den Einstieg niedergelassener Ärztinnen und Ärzte in eine ambulante Versorgung am Krankenhaus keinesfalls fördern. Hier braucht es rasche Planungssicherheit für alle. Aber auch die vollmundig versprochene Entbudgetierung von Haus- und Fachärzten ist mehr als überfällig umgesetzt zu werden. Die einst als Instrument gegen die Ärzteschwemme eingesetzten Budgets haben im Jahr 2025 und seinem angekommenen, nicht mehr drohenden Ärztemangel nichts mehr verloren.
Hiervon unabhängig werden sich Gesellschaft und Politik in den kommenden Jahren überlegen müssen welches Gesundheitssystem gewollt ist. Das Vordringen immer größerer Investorengruppen, die sich inzwischen längst nicht mehr auf die für hohe Investitionskosten bekannten Fächer wie Labor, Radiologie und Onkologie beschränken, führt zu einem schleichenden Verlust der inhabergeführten Praxen. Gerade die waren und sind aber zusammen mit leistungsfähigen Krankenhäusern das Rückgrat unserer noch immer hervorragenden deutschen Gesundheitsversorgung. Wollen wir sie erhalten braucht es Anreize, die es attraktiv machen selbständig in der Praxis zu arbeiten oder auch längerfristig am Krankenhaus tätig zu sein. Dass einige Investoren nicht das Wohl der Patienten, sondern den kurzfristigen Weiterverkauf mit Rendite primär im Auge haben, kann nicht das Ziel einer für alle ausgewogenen Gesundheitspolitik sein. Auch wenn der Markt dann möglicherweise den politischen Entscheidungsträgern unliebsame Entscheidungen abnimmt. Daneben bedarf die um sich greifende Leiharbeit in allen Berufsgruppen in der Medizin der Regulierung wollen wir unser System bezahlbar halten.
Ob wirklich alles besser oder sogar gut wird, wie uns die Wählkämpfenden in diesen Tagen versprechen bleibt zu bezweifeln. Einen Stillstand können wir uns angesichts der drängenden Fragen im Gesundheitswesen aber keinesfalls leisten. Wir müssen seine strukturellen und finanziellen, aber auch seine gesellschaftlichen Herausforderungen jetzt Lösungen zuführen. Sonst droht der Verlust der Gesundheitsversorgung auf gewohnt und gewollt hohem Niveau. Der BDR wird die Entscheidenden weiterhin an ihren Taten messen, auch und vor allem wenn das Wahlkampfgetöse wieder verraucht ist.
Prof. Dr. med. Hermann Helmberger
Präsident