EDITORIAL Patientenversorgung unter (Hoch) Druck
Mittwoch, 03. Juli 2019
Info 07-19

Liebe Mitglieder,

der 100. Deutsche Röntgenkongress beschäftigte sich schwerpunktmäßig mit dem digitalen Wandel und der künstlichen Intelligenz. Ranga Yogeshwar wählte den Titel „Radiologie und künstliche Intelligenz" für seinen Festvortrag  und stieß auf großes Interesse, siehe hierzu auch Seite ?.

Aber: das Thema Kommerzialisierung der Medizin und die daraus  resultierende Fehlsteuerung, die eklatanten Auswirkungen auf die Patientenversorgung,  wurden nur marginal behandelt. Ganz im Gegensatz zum (leider immer ) parallel stattfindenden Deutschen Ärztetag. Dort stellte die  Bundesärztekammer ein Positionspapier  vor,  welches die akuten Probleme benennt und stärkt die Radiologie schon in den ersten Zeilen – sicher ungewollt.

Die medizinische Indikationsstellung ist Kernelement ärztlicher Tätigkeit. Sie basiert auf fundierter Anamnese, körperlicher Untersuchung und Diagnose. Sie bedarf darüber hinaus oft der interdisziplinären und interprofessionellen Abstimmung. Dafür muss ausreichend Arztzeit einkalkuliert werden. Steigende Dokumentationsanforderungen sowie umfängliche sozialrechtliche und wirtschaftliche Vorgaben verursachen immer mehr  Bürokratie und kosten Zeit. Dies geht vor allem zu Lastendes notwendigen Gesprächs mit den Patientinnen und Patienten. Diese empfinden den Zeitdruck zu Recht als Qualitätsverlust ihrer Behandlung.“

 „Für einen wirtschaftlichen Umgang mit den begrenzten Ressourcen im Gesundheitswesen ist eine sinnvolle Patientensteuerung notwendig. Die mit dem TSVG vorgesehene Ausweitung des Services der Terminservicestellen sowie die Einführung der zentralen Rufnummer 116117 für die Vermittlung von Terminen an Fach-, Haus- und Kinderärzte u. insbesondere zur Akutversorgung, macht nur Sinn, wenn die Patientensteuerung auf ärztlicher Expertise beruht. Die BÄK fordert daher die konsequente Umsetzung der mit dem TSVG angestoßenen Entwicklung und Evaluation eines einheitlichen, sektorenübergreifenden Instruments zur Ersteinschätzung der medizinischen Dringlichkeit und Ermittlung der adäquaten Versorgungsebene auf der Grundlage medizinischer Kriterien.“

„Die medizinische Versorgung hat sich zunehmend in den ambulanten Bereich verlagert. Gleichzeitig hat der Versorgungsbedarf aufgrund der demographischen Entwicklung zugenommen. Durch die begrenzten personellen und finanziellen Ressourcen ist es auch in der ambulanten Versorgung zu einer enormen Arbeitsverdichtung gekommen.“

Und zu guter Letzt warnt die BÄK vor der Kommerzialisierung des ambulanten Bereichs. „Zudem muss die Transparenz über die Eignerschaft eines MVZ sowohl für Patienten (freie Arztwahl) als auch für Ärzte (Wahl eines möglichen Arbeitgebers)und andere an der Versorgung Beteiligte erkennbar sein. Ferner darf es zu keiner Fokussierung auf lukrative Leistungsbereiche kommen. Auch müssen sinnvolle Vorgaben zur Größe von MVZ gemacht werden. Darüber hinaus müssen Fehlentwicklungen korrigiert werden, die sich aus Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträgen und aus mangelnder Transparenzüber die finanziellen Konditionen beim Übergang von Vertragsarztsitzen ergeben können.“

Fazit: Sie dürfen die Bedingungen Ihrer Arbeit – und der ihrer Mitarbeiter*innen - nicht den diversen Märkten und Kapitalinteressen überlassen. Die Notwendigkeit berufspolitischen Engagements ist derzeit wichtiger denn je!

 

Sabine Lingelbach

Geschäftsführerin

 

Zitate aus dem BÄK-Positionspapier „Patientenversorgung unter Druck“

 

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